Ein Hermès-Seidentuch war es nicht und der Schlitten im Hintergrund auch kein Rolls Royce, aber das Landleben empfand ich trotzdem als königlich.

Gut betucht

In meiner Stilkolumne geht es um ein königliches Accessoire, welches unser Haupt im Frühling verschönert.

Nicole Geser über ein Accessoire mit Geschichte

Haben Sie auch schon einmal davon geträumt wie es wäre Königin zu sein? Unser Alltag war die letzten Monate ja alles andere als ein Ponyhof, da sind gedankliche Eskapismen eine willkommene Abwechslung. Nun, Sie müssen keine englischen Fell-Ponys züchten und durch den Park von Schloss Windsor reiten, um sich majestätisch zu fühlen. Sie benötigen nur das richtige Accessoire.

Kopftuch statt Krone

Ob es nun am übermässigen Konsum aller Netflix-Staffeln von „The Crown“ liegt oder daran, dass wir seit Corona keine Frisur mehr tragen, sondern nur noch Haare: Das Must-have des Frühlings ist das seidene Kopftuch, welches unsere Häupter verschönert. Ob beim Entenjagen wie die Queen oder beim Modegucken wie Charlotte Casighari in der Frontrow der Pariser Fashionweek: Dieses Accessoire verleiht Würde. Und sei es in unseren Kreisen nur beim Pizzaholen. Ursprünglich in Indien erfunden, war das Kopftuch ein praktischer Weg in der Hitze die Haare vom Gesicht fernzuhalten. Modisch wurden die Tücher in den 20igern als Flapper Girls wie Josephine Baker mit kunstvoll um den Kopf gebundenen Tüchern die Nacht durchtanzten. Das Symbol für Glamour war geboren.

Landhaus, Jagdhund und Seidentuch

1937 brachte das französische Modehaus Hermès das wohl begehrteste Seidentuch auf den Markt. Das weltberühmte Carré, 90 mal 90 cm. Nach ganz bestimmten Kriterien werden die Seiden ausgesucht, Motiv und Farbgebung entschieden und von Hand bedruckt. Eines der berühmtesten Motive ist das „Brides de Gala“-Design von 1970, welches auf das ursprüngliche Handwerk der Maison als Sattler und Zaumzeughersteller verweist. Es wurde 70’000 Mal verkauft. Hermès war schon immer bei den Schönen und Reichen beliebt. In den 60igern waren es Brigitte Bardot und Jackie Kennedy, die das Tuch unter dem Kinn banden, ein Look den wir heute oft bei der Queen sehen. Trotz all der berühmten Trägerinnen umweht das Kopftuch, ob nun von Hermès oder nicht, bis heute eine sympathische Bodenständigkeit. Meine Oma trug es im Sommer zum Heuen und ich wollte als kleines Mädchen so aussehen wie sie. Dass ich mir fast 40 Jahre später erneut ein Seidentuch um die Haare binde, lässt sie im himmlischen Ponyhof bestimmt lächeln.

 

Kolumne für das Magazin «Für Sie» No.60 / Frühling 2021